Recaro Aer Test - Der unehrliche SchummlAer-Stuhl von Recaro
- Autor: Marco Nykamp
- Zuletzt aktualisiert: 02.09.2024
Recaro hat in kürzester Zeit gleich 2 neue Gaming Stühle auf den Markt geworfen, darunter auch den Recaro Aer, dessen Test du gerade beginnst zu lesen. Im heutigen Testbericht & Video geht’s aber nicht nur um die Funktionen, den Sitzkomfort & die Größenberatung zum Aer, was die Überschrift schon vermuten lässt.
Es geht auch darum, wie Recaro euch zur Entwicklung des Stuhls anflunkert und einige Funktionen mindestens irreführend bewirbt. Die bepriesene 5-Jahres-Garantie habe ich ja schon an anderer Stelle kritisiert, weil sie im Grunde nur das Fußkreuz abdeckt und damit für mich nicht mehr als ein leeres Instrument zur Verkaufsförderung darstellt. Was den Recaro Aer aber angeht, wurde der Vogel meiner Meinung nach nun völlig abgeschossen. Also: Lesen lohnt sich.
| Hersteller | Recaro |
| Modell | Aer |
| Materialien | Kunststoff-Fußkreuz, Mesh-& Polyester-Bezug, Kunststoff-Rollen, Kunststoffarmlehnen mit Weichkunststoff, Kunststoffrahmen |
| Eigenschaften | 1D/3D/4D-Armlehnen, Synchronautomatik oder feststellbare & justierbare Synchronmechanik, Sitziefenverstellung (optional), Made in Germany max. Belastbarkeit von 150kg |
Inhaltsverzeichnis
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- Synchronmechanik & Sitztiefenverstellung
- Made in Germany
- Unehrliches Marketing
Recaros Irreführung: Wie bei Entwicklung & Funktionen geflunkert wird
Recaros Webshop ist voller fantastischer Texte & Werbefloskeln, die dem Schreiber dieser Texte ein solides Maß an Fantasie attestieren. Das fängt schon an bei ironischen Kleinigkeiten, wie dem beworbenen „schnellen Versand“, obwohl Recaro seit Monaten Versandzeiten von 5-8 Werktagen angibt. 1-1,5 Wochen würde ich nicht schnell nennen. Aber liest sich gut, oder?
Genauso wie der Bulletpoint „Unser Anspruch: Best in Class“ – klingt auch erstmal gut, aber was soll das heißen? Dass er der beste in der Klasse ist, dürfen sie wohl kaum schreiben. Steht dafür dann „Unser Anspruch“ davor? Mehr als Gewäsch sehe ich hier nicht. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs.
Recaro hat den Aer gar nicht entwickelt, behauptet es aber stolz
Schauen wir uns erstmal an, wie und wo Recaro sich stolz mit der Entwicklung des Aer brüstet:
„Mit dem RECARO Aer haben wir einen konfigurierbaren Gaming-Stuhl geschaffen, der Funktionalität und Komfort vereint.“
„Qualitativ hochwertige Produkte sind Teil unserer DNA bei RECARO. Die jahrzehntelange Erfahrung in der „Herstellung komfortabler und ergonomischer Premium-Sitze spiegelt sich auch in unseren Gaming-Stühlen wider.“
„Der RECARO Aer ist ein besonderes Stück unserer Handwerkskunst.“
„Produktentwicklung und Design werden von unserem Experten-Team mit langjähriger Erfahrung direkt hier in Deutschland durchgeführt.“
„Jede Linie, jede Kurve wurde sorgfältig gestaltet, um ein ästhetisches Gesamtbild zu schaffen, das sowohl ansprechend als auch funktional ist.“
„Seit vielen Jahrzehnten ist Design Teil der DNA von RECARO und allem, was wir tun. Diese DNA ist auch in die Konzeption des RECARO Aer eingeflossen.“
Die Sache ist klar: Der Recaro Aer wird als Eigenentwicklung dargestellt, obwohl er keine ist. Kennst du noch den Adept Holo? Adept war eine Marke, die etwa 1-2 Jahre auf dem Markt war, Anfang des Jahres aber aufgelöst wurde. Produziert wurde der Adept Holo bei der Firma Bock 1 GmbH & Co KG in Postbauer-Heng, wo Recaro auch schon den Exo produzieren lässt. Eine Connection besteht also.
Besonders deutlich werden die Gemeinsamkeiten, wenn man sich den Adept Holo & den „neuen“ Recaro Nxt anschaut:
Abgesehen von den Schulterpatches scheinen die Stühle 1zu1 gleich. Gemeinsamkeiten sieht man auch zwischen Adept Holo & Recaro Aer, der Aer baut auf dem Holo auf. Aber das ist noch gar nicht alles, denn den heutigen Recaro Aer gab es ebenfalls schon im Sommer letzten Jahres.
Ein Kontakt aus der Szene hat mir Bilder des damaligen Adept Air (oder Aer) gezeigt, das heißt den Stuhl gab es bereits vor über einem Jahr, nur war er da noch eine Entwicklung von Adept oder des Herstellers Bock 1 GmbH & Co KG. Was als Essenz übrig bleibt: Recaro hat am Aer bestenfalls aus dem „i“ des Adept Air ein „e“ gemacht und ein eigenes Logo draufgestickt. Entwickelt wurde der Stuhl ganz sicher aber nicht von Recaro. Und an dieser Stelle muss man das Kind beim Namen nennen: Hier werdet ihr als Kaufinteressierte belogen. Ganz offensichtlich hat Recaro das Portfolio von Adept aufgenommen.
Beim Adept, ähh Recaro Nxt behaupten sie nicht, den Stuhl selbst entwickelt zu haben: Das würde ja offensichtlich auffliegen. Da der Adept Air aber nie rauskam und den Stuhl somit vermeintlich niemand kennt, kann man ja mal in die Flunkerkiste greifen.
Irreführende Werbung & schlicht falsche Aussagen
Recaro gibt sich beste Mühe, den Stuhl für dich möglichst schlecht vergleichbar mit anderen Stühlen zu machen & einige Features hinzuzudichten, die gar nicht existieren oder zumindest nicht korrekt dargestellt werden.
"Premium" Synchronmechanik nicht so premium
Im Konfigurator habt ihr die Wahl zwischen der „Premium-Synchronmechanik“ und der „Premium Synchronmechanik Plus“ für 40€ extra. Bei der angeblichen Premium Mechanik handelt es sich um eine Synchronautomatik, die den Widerstand beim Anlehnen automatisch einstellt. Diese Mechaniken gehören zu den günstigeren Synchronmechaniken, wie sie z.B. auch beim Preiswunder dem Backforce V eingesetzt wird – ist ja auch ok, wer günstig anbietet, muss irgendwo sparen. Eine Synchronautomatik ist immer noch besser als jede Wippmechanik, aber sie gehört eben zu den günstigen Synchronmechaniken, weshalb ich die Bezeichnung „Premium“ nicht angebracht finde.
Die Premium-Plus Mechanik ist hingegen eine normale Synchronmechanik, bei der wir den Anpressdruck selbst einstellen können. Die Mechanik kann ja durchaus hochwertig sein, daher ist das in Ordnung, jedenfalls gilt diese Mechanik bei anderen Herstellern als normale „Synchronmechanik“.
Hier sorgt Recaro für schlechte Vergleichbarkeit mit anderen Herstellern. Wer sich nicht auskennt, hält die „Premium-Synchronmechanik“ für eine besonders tolle Mechanik, obwohl die bei anderen Herstellern einfach als „Synchronmechanik“ bezeichnete Mechanik mehr kann. Schwierig.
Armlehnen: Polsterung & "D" hinzugemogelt
Recaro gibt an, dass die Armlehnen des Aer gepolstert sind. Die Armlehnen haben eine ganz normale Weichkunststoff-Auflage, wie sie heutzutage fast jeder Gaming Stuhl hat und ich habe noch keinen Anbieter gesehen, der diese Armlehnen dann gepolstert genannt hat. Gepolstert wäre die Armlehne, wenn Polstermaterial drauf wäre, also Schaum zum Beispiel, wie es beim Backforce One Plus, Backforce V Plus oder ThunderX3 Core der Fall ist: Polsterschaum + Stoffbezug.
Außerdem habt ihr im Konfigurator die Wahl zwischen 2D, 4D & 5D Armlehnen. Tatsächlich sind’s aber nur 1D, 3D & 4D-Armlehnen. Recaro hat hier überall 1D hinzugemogelt. Was üblicherweise zu den „D“s (directions) hinzugezählt wird, sind: Höhenverstellbarkeit, Wegklappbarkeit & 3 Verstellmöglichkeiten der Armauflage (vor & zurück, rotieren, links & rechts).
Recaro aber hat noch ein „D“ für sich entdeckt: Die Armlehnen sind unterhalb der Sitzfläche verschraubt und die Schraublöcher sind länglich. Wir können hier die Schrauben lösen und die Armlehnen ein wenig nach außen- oder innen verschieben. Ich habe locker 50 Stühle getestet und es gab vielleicht einen Stuhl, der diese länglichen Schraublöcher nicht hatte, somit absoluter Standard. Allerdings hat bisher kein einziger Hersteller diese Verstellbarkeit als „D“ mitgezählt.
Recaro übrigens auch nicht. Beim Recaro Rae beispielsweise hat man weder die Weichkunststoffarmlehnen als gepolstert bezeichnet, noch das „D“ der Armlehnenverschraubung hinzugezählt.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Zufälle sind. Hier wird versucht mehr aus dem Aer zu machen, als man tatsächlich bieten will, obwohl der Stuhl auf dem Papier doch schon gut ist.
5 Jahre Nicht-Garantie
Recaro wirbt überall mit seinen 5 Jahren Garantie, die es seit dem 01.07.2022 gibt. Wer vorher z.B. einen Recaro Exo Platinum für über 1.000€ gekauft hat, guckt in die Röhre. Die Garantie gilt nur auf Käufe aus dem Webshop von Recaro, was für eine Herstellergarantie schon mal unsinnig ist und ausgeschlossen sind:
„Teile und Materialien, die der üblichen Abnutzung und dem natürlichen Verschleiß unterliegen, wie insb. Rollen, Bezugsstoffe, mechanische Komponenten.“
Zu den mechanischen Komponenten gehören auch die Armlehnen und die Synchronmechanik. Somit bleibt noch das Fußkreuz und vielleicht der Kunststoffrahmen des Recaro Aer übrig. Darauf habt ihr also 5 Jahre Garantie. Für mich eine rein werbewirksame Garantie, um die Leute zum Kauf zu überzeugen: Wer liest sich schon die Garantiebedingungen durch?
Zum Recaro Aer Test: Eigenschaften & Funktionen
Schauen wir uns die Eigenschaften des Recaro Aer im Überblick mal an. Aufgrund der relativ geringen Aufpreise für Zusatzfunktionen habe ich mich für die Vollausstattung entschieden.
- Synchronmechanik: Den Aer gibt es mit einer günstigeren Synchronautomatik oder einer normalen Synchronmechanik zu kaufen.
- Sitztiefenverstellung: Gegen 20€ Aufpreis kann die Sitzfläche in der Tiefe verstellt werden.
- 1D/3D/4D Armlehnen: Ihr habt die Wahl, wie variabel eure Armlehne verstellbar sein soll. Dafür zahlt ihr 25€-40€ mehr.
- Mesh/Stoff-Mix: Die Rückenlehne ist mit einem Meshgewebe bespannt und die Sitzfläche klassisch mit Polsterschaum & Stoffbezug ausgestattet.
- Made in Germany: Der Recaro Aer wird in Deutschland von der Firma Bock 1 GmbH & Co KG hergestellt.
- 5 Jahre Pseudo-Garantie: Auf den Aer bekommst du 5 Jahre „Garantie“, die gemäß Garantieausschlüssen wohl nur auf’s Fußkreuz und den Rahmen gilt. Eine echte Nicht-Garantie. :)
Sitzkomfort: Gut mit kleinen Mängeln
Der Sitzkomfort gefällt mir im Recaro Aer Test grundsätzlich gut. Das Polster hat eine ausgewogene Härte, die sich im typischen Mittelfeld zwischen den weichen DXRacer-Polstern und den harten noblechairs- & Secretlab-Polstern bewegt. Deshalb war ich in meinem mehrwöchigen Test grundsätzlich ganz zufrieden.
2 Kleinigkeiten haben mich aber dann doch gestört: Zum einen verändere ich meine Sitzpositionen häufig und manchmal nehme ich meine Unterschenkel unter die Sitzfläche.
Das Problem dabei: Der Hebel für das Arretieren der Synchronmechanik sitzt hier ungünstig, sodass ich die Mechanik ständig ausschalte. Die Sitzposition müsste ich mir abgewöhnen, wenn ich länger auf dem Stuhl sitzen wollte.
Die zweite Sache ist der Kunststoffrahmen der Rückenlehne, auf die der Meshbezug bespannt ist. Wenn man die Arme mal nach hinten nimmt, zum Beispiel beim entspannten streamen, hat man die Unterarme immer auf dem Kunststoffrahmen aufliegen, über den das Mesh gespannt ist und an den Seiten kratzig ist.
Das ist das generelle Problem bei Mesh-Stühlen. Gut ist an der Stelle aber, dass die Sitzfläche klassisch mit Polsterschaum & Bezug versehen ist.
Eine dritte Sache kann stören, stört mich aber nicht. Bei voll ausgezogener Sitzfläche ist die Lücke zwischen Sitzfläche und Rückenlehne relativ breit. Effektiv sind es ca. 6-7cm. Bei anderen Stühlen mit Sitztiefenverstellung wie dem Backforce One Plus oder Backforce V Plus sind es effektiv von oben betrachtet 3-4cm.
Wer seinen Hintern also ganz nach hinten an den Sitz schiebt, der wird die Lücke vielleicht merken. Mich hat das nicht gestört, meine Freundin in ihrem Test schon. Die Lösung ist entsprechend, die Sitzfläche etwas weiter reinzuschieben.
Schneidersitz-Test am Aer
Mit meinen 189cm Körpergröße kann ich sogar noch im Schneidersitz auf dem Recaro Aer im Test sitzen, allerdings geht das nur, wenn man mindestens die 3D (nennt Recaro 4D, siehe oben) oder 4D (nennt Recaro 5D) Armlehne nutzt, weil man hier die Armauflage rotieren lassen kann.
Bei den 4D-Armlehnen, die auch wegklappbar sind, ist das Ganze natürlich völlig unproblematisch, hier kann aufgrund der ebenen Sitzfläche wohl jeder im Schneidersitz sitzen.
Schneidersitz-Test bestanden.
Rückenlehne: Mesh-Gewebe & Seitenwangen
Die Rückenlehne des getesteten Recaro Aer bringt man erstmal zwar nicht mit typischen Racing-Seitenwangen in Verbindung, doch gewisse Verwölbungen finden wir an der Rückenlehne schon. Ich habe den Winkel zwischen Rückenlehne & Seitenwange im Schulterbereich versucht zu messen, allerdings gelang mir das durch das nachgiebige Meshgewebe und die sehr gewölbte Rückenlehne nicht optimal:
Ich komme etwa auf einen Winkel von 156-157°. Die Winkel von ca. 140-145° kennen wir von den Racing-Stühlen mit besonders krassen Seitenwangen, die Spitzenreiter der flachen Seitenwangen haben ca. 160-165° zu bieten, was sehr flach wäre, wenn man bedenkt, dass 180° gerade wären. Damit ist der Stuhl hier grundsätzlich im guten Mittelfeld.
Von oben betrachtet sieht man aber gut, wie stark die Rückenlehne gewölbt ist. Ganz gerade ist im Grunde nur ein im Verhältnis dünner Mittelstreifen. Manch einer mit breiterem Körperbau könnte sich hierdurch gestört fühlen.
Sitzfläche: Barrierefrei & angenehm
Ich bin froh, dass nur die Rückenlehne des Recaro Aer mit Mesh bezogen ist. Denn gerade auf Sitzflächen kann der Kunststoffrahmen eines Mesh-Stuhls sehr störend sein. Die Sitzfläche jedenfalls gefällt mir so gut, besonders eben dass keinerlei Seitenwangen vorhanden sind, die die Beinfreiheit einschränken könnten.
Körpergrößen: Passt du auf den Recaro Aer?
Ich beziehe meine Bewertung jetzt auf den Recaro Aer mit Sitztiefenverstellung. Die kostet 20€ extra und ich würde jedem empfehlen, diese Funktion zu wählen. Für einen Zwanni muss man die fast nehmen, denn auch wenn man sie als kleinerer Nutzer nicht zwingend braucht, man weiß ja nie, wer noch auf dem Stuhl sitzen wird.
Jedenfalls kann ich mit meinen 189cm Körpergröße noch sehr gut auf dem Recaro Aer sitzen. Auf voll ausgefahrener Sitzfläche habe ich ca. 4 Finger Platz zwischen Ende der Sitzfläche und Unterschenkel, was für mich völlig in Ordnung ist. Auch im Kopfbereich ist noch etwas Luft nach oben.
Meine Freundin kann den Stuhl mit ihren 167cm Körpergröße auch noch sehr gut nutzen. Mit ihren 55kg ist sie allerdings zu leicht für die Synchronmechanik: Auch auf leichtester Einstellung muss sie sich zu sehr anstrengen, um sich nach hinten lehnen zu können.
Ich empfehle den Aer für Körpergrößen von ca. 155cm-195cm. Wer unter 160cm groß ist, sollte vielleicht ein Fußkissen nutzen. Belastbar ist der Stuhl bis 150kg. Ich denke wenn man „normal“ bis etwas breiter gebaut ist, kann man den Stuhl auch noch gut nutzen.
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Funktionen des Recaro Aer ehrlich präsentiert
Den Seitenhieb wollte ich mir nicht sparen. Ich zeige euch nun, was der Recaro Rae im Test wirklich kann und rechne die hinzugedichteten Funktionen & das Marketinggeschwafel heraus. Tatsächlich hat der Stuhl ein paar gute Funktionen am Start.
Synchronmechanik oder Automatik
Ich bin ein Fan von Synchronmechaniken. Im Gegensatz zu den üblichen Wippmechaniken öffnen sie beim nach hinten lehnen den Winkel zwischen Ober- und Unterkörper und sorgen so für echte Bewegung im unteren Rücken, welche für die Nährstoffversorgung der Muskeln & Bandscheiben sehr wichtig ist.
Wie schon oben beschrieben, handelt es sich bei der „Premium“-Synchronmechanik um eine Synchronautomatik, die den Widerstand beim Anlehnen automatisch auf euer Körpergewicht einstellt. Finde ich auch schon gut, allerdings sind mir Synchronmechaniken, die wir selbst justieren können, deutlich lieber. Da behalten wir unsere Flexibilität. Diese Synchronautomatiken gehören zu den etwas günstigeren Synchronmechaniken, weshalb ich auch mit dem Begriff „Premium“ meine Probleme haben. Aber so ist Werbung eben.
Empfehlen würde ich daher die „Premium Synchronmechanik Plus“, hierbei handelt es sich um eine einstellbare Mechanik. Um diese Mechanik mit denen von anderen Herstellern vergleichbar zu machen: Vom Funktionsumfang her ist das eine ganz normale Synchronmechanik, die von der Materialqualität her aber natürlich hochwertig sein kann. Man darf sich von „Premium Plus“ nur eben nicht zu sehr beeindrucken lassen.
Sitztiefenverstellung: Flexibilität für viele Nutzer
Für 20€ mehr bekommt euer Recaro Rae eine Sitztiefenverstellung, mit der ihr die Tiefe der Sitzfläche variabel an eure Oberschenkellänge anpassen könnt. Das ist grundsätzlich eine gute Funktion und ich würde sie auch jedem empfehlen. Wenn ihr bis zu 175cm groß seid, werdet ihr von der Verstellung nicht unbedingt profitieren, da reicht auch die Standard-Sitzfläche.
Trotzdem würde ich den Zwanziger auf den Tisch packen: Man weiß ja nie, wer den Stuhl in Zukunft noch benutzen wird und vielleicht will man ihn ja irgendwann verkaufen.
Das einzig auffällige ist hier wie oben beschrieben der Spalt zwischen Rückenlehne und Sitzfläche bei voll ausgezogener Sitztiefenverstellung. Wenn du mit dem Hintern wirklich straight hinten auf dem Stuhl sitzt, wird ein Teil deines Hinterns in diese Lücke „fallen“. Der Abstand zwischen Rückenlehne & Sitzfläche liegt hier bei etwa 6-7cm, wo andere Stühle wie die Backforce-Modelle mit Sitztiefenverstellung nur 3-4cm haben.
Keine Lordosenstütze, aber unterstütze Lordose
In unserem Recaro Aer Test haben wir uns angeschaut, wie die untere Lordose, also der untere Rücken unterstützt wird. Der gleichteure Backforce V Plus zum Beispiel verfügt über eine 4-Wege-verstellbare Lordosenstütze. Der Recaro Aer hat genau genommen keine implementierte Lordosenstütze.
Jedoch ist der Kunststoffrahmen ist hier so geformt, dass sich bei der Bespannung des Mesh-Bezuges automatisch eine Art Lordosenstütze ergibt, die meinen unteren Rücken auch ausreichend stützt. Offiziell ist also vielleicht keine Lordosenstütze vorhanden, funktionieren tut’s für mich aber trotzdem.
Leidiges Thema: Die Armlehnen des Recaro Aer im Test
Ich halte es hier kurz, weil ich es oben schon ausgiebig erklärt habe: Recaro flunkert hier mit der Armlehnenverstellung. Wenn ihr die Armlehnen des Recaro Aer mit denen anderer Hersteller vergleichen wollt, müsst ihr bei all den „D“-Angaben bei Recaro Eins abziehen. Ich habe mich für die 5D-Armlehne entschieden, die eigentlich eine 4D-Armlehne ist.
Abgesehen von dem Geschummel funktioniert die Armlehne für mich auch gut. Wir können die Armauflage rotieren & nach vorn und hinten verstellen. Was für eine echte 5D-Armlehne fehlen würde ist die Beweglichkeit nach links und rechts. Zusätzlich ist die Armlehne höhenverstellbar und komplett wegklappbar wie bei den Backforce-Stühlen.
Die Armauflage besteht aus einem Weichkunststoff. Recaro nennt die Armlehne „gepolstert“, was ich frech finde. Weicher Kunststoff ist keine Polsterung und kein anderer Hersteller, den ich kenne, nennt seine Weichkunststoff-Armlehnen „gepolstert“. Weichkunststoffarmlehnen ist der Standard, lasst euch hier nicht auf den Arm nehmen. Eine tatsächlich gepolsterte Armlehne würde auch über Polstermaterial wie Polsterschaum verfügen.
Kunststoff-Fußkreuz und 60mm-Rollen
Das Fußkreuz des Recaro Aer besteht aus Kunststoff, was in der Preisklasse bei einem Stuhl aus Deutschland völlig in Ordnung ist. Das Design finde ich hier ebenfalls ganz gelungen, weil es etwas mehr als ein schnödes Standard-Fußkreuz hergibt.
Die Rollen sind hier 60mm groß und verrichten ihren Dienst auf meinem gehärteten Korklaminat zu voller Zufriedenheit.
Sitzbezüge: Mix aus Mesh- und Stoff
Die Rückenlehne ist mit einem Meshbezug bespannt, über einen schwitzigen Rücken werden wir uns beim Recaro Aer also eher keine Gedanken machen müssen. Mesh-Stühle haben häufig Probleme mit störenden Kunststoffrahmen, was sich hier für mich aber noch in Grenzen hält. Hier und da kratzt es zwar etwas am Arm, aber das geht noch in Ordnung.
Die Sitzfläche und Kopfstütze sind mit einem Stoffbezug bezogen, der sich für mich auch ganz wertig anfühlt. Insofern bin ich mit den Bezugsmaterialien insgesamt gut zufrieden.
Qualität & Verarbeitung: Leichter Geruch, sonst gut
Von der Materialqualität her bin ich gut zufrieden. Dadurch, dass es sich um einen reinen Mesh-Stuhl handelt und die Rückenlehnenkonstruktion aus Kunststoff besteht, spart sich der Hersteller natürlich viel Material, was den Vorteil hat, dass der Stuhl sehr leicht ist. Ich erkenne an meinem Recaro Aer keine schiefen Nähte und auch sonst keine Verarbeitungsfehler, insofern ist der Stuhl gut gearbeitet.
Insgesamt bestehen Rückenlehne & Fußkreuz zwar rein aus Kunststoff, das ist für mich in der Preisklasse von 400-500€ aber auch in völlig Ordnung, solang es sich um einen Made-in-Germany-Stuhl handelt.
Allerdings hat der Kunststoffeinsatz in meinem Fall eine kleine Tücke: Der Stuhl riecht leicht nach Kunststoff. Der Geruch ist schwer zu beschreiben, es handelt sich um einen leicht stickigen Kunststoffgeruch. Ich habe am gesamten Stuhl entlanggeschnüffelt und die Rückseite der Rückenlehne als Verursacher ausfindig gemacht. Diese riecht aber auch nur stellenweise so – es reicht aber, um den Geruch dauerhaft wahrzunehmen.
Ich denke allerdings, dass nicht jeder Aer so riecht. Denn der frühere Adept mit sehr ähnlicher Rückenlehne und gleichem Produzenten hat damals auch nicht nach Plastik gerochen, da habe ich vielleicht einfach Pech gehabt.
Fazit zum Aer Test: Ein echter SchummlAer
Ich möchte euch den Recaro Aer abschließend nicht zum Kauf empfehlen. Vom Prinzip her ist der Recaro Aer in Vollausstattung für 499€ gar nicht schlecht, auch wenn die (wenige) deutsche Konkurrenz mit dem Backforce V Plus mehr Funktionen & Garantie fürs Geld bietet.
Was mich aber unheimlich triggert, ist die Dreistigkeit, mit der Recaro seine potenziellen Kunden belügt oder in die Irre führt. Eine 5-Jahres-Garantie, die fast jedes Bauteil ausschließt. Eine Menge Werbegewäsch wie bei der „Premium“-Mechanik, die eigentlich eine günstigere Synchronautomatik ist. Ein hinzugemogeltes „D“ bei den Armlehnen, das kein anderer mir bekannter Hersteller so zählt. Und dann die angeblich gepolsterten Armlehnen, die Standard-Weichkunststoff-Armlehnen sind.
Den Vogel schießt Recaro ab, indem sie den Recaro Air als ihre eigene Entwicklung verkaufen, in die ach so viel Recaro-DNA & Expertise eingeflossen ist. Dabei stammt das Kind von anderen Eltern ab: Denn den Aer gab’s schon unter dem Namen Adept, nur kam der Stuhl wegen Geschäftsaufgabe nie auf den Markt. Entwickelt hat Recaro da also nicht viel. Das ist schlicht unehrlich.
Wenn dich die versuchten Schummeleien nicht stören, ist der Stuhl nicht übel. Ich persönlich halte aber vor allem eins von Firmen, die mich auf so vielen Ebenen über’s Ohr hauen wollen: Abstand.
- Synchronmechanik & Sitztiefenverstellung
- Made in Germany
- Unehrliches Marketing
Vorteile:
- Guter Komfort & Synchronmechanik
- 4D-Armlehnen wegklappbar
- Sitztiefenverstellung optional
- Gute Verarbeitung
- Made in Germany
Nachteile:
- Irreführende Bezeichnungen im Shop
- Recaro behauptet, Stuhl entwickelt zu haben
- Arm kratzt an Kunststoffrahmen der Rückenlehne
- Spalt bei ausgefahrener Sitztiefe sehr breit
- Hebel für Mechanik-Arretierung ungünstig angebracht
Ich bin Marco Nykamp, TÜV-zertifizierter Ergonomie-Berater und seit 2014 schreibe ich hier über Gaming- und Bürostühle. Du findest hier nur echte, ehrliche & unabhängige Tests & Videos, keinerlei gekaufte oder unehrliche Meinungen. Auch schreibe ich keine Testberichte zu Stühlen, die ich nie wirklich besessen habe.
Weil ich oft auch sehr kritisch mit den Testobjekten bin, bekomme ich nur wenige Stühle for free, den Großteil kaufe ich selbst. Daher wird dieses Projekt durch Affiliate-Programme finanziert. Mehr dazu & über mich findest du hier: Über Marco Nykamp
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